Einfach da zu sein klingt so leicht und es ist unvorstellbar, dass so etwas einfaches bei einem derart großen Verlust und Einschnitt im Leben irgendwie helfen soll. Daher unterschätzen wir diesen Tipp und glauben, gute Ratschläge geben zu müssen oder sagen Dinge wie „Das Leben geht weiter“. Manchmal verfallen wir auch in Übereifer und sind frustriert, dass unsere Angebote von der trauernden Person nicht angenommen werden. Der Grund dafür ist oft, dass diese selbst gerade nicht genau sagen kann, was sie braucht. Denn sie befindet sich in einer Ausnahmesituation und wahrscheinlich handelt es sich um Umstände, die sie so im Leben noch nicht durchgemacht hat. Es gibt also keinerlei Erfahrungswerte auf die sie aufbauen kann. Außerdem ist der Schmerz überwältigend. Das einzige, was ihr helfen könnte, ist, den geliebten Menschen wieder lebendig in die Arme zu schließen. Daher kommt die Überforderung anderen sagen zu können, was wir in dieser Extremsituation brauchen. Hinzu kommt, dass wir es oft sehr schwer haben, Hilfe anzunehmen. Wir möchten nicht in Abhängigkeiten geraten oder jemandem etwas schuldig sein. Nicht selten erwachsen Ansprüche daraus, wenn wir uns helfen lassen. Andererseits erlebt die Angehörige auch, dass die trauernde Person beginnt, sich auf die Unterstützung zu verlassen, sie sogar als selbstverständlich wahrnimmt oder sie sogar einfordert. Beide Seiten – Trauernde wie Angehörige – erleben also eine Situation die alle überfordern kann.
Einfach da zu sein ist auch etwas, was wir meistens nicht beherrschen. Einfach da zu sein kann bedeuten, dass wir uns die gleiche Geschichte immer und immer wieder anhören. Es bedeutet, dass wir über einen langen Zeitraum aushalten müssen, dass es der Person, der wir zur Seite stehen, einfach nicht besser zu gehen scheint. Das stresst uns, weil wir uns Sorgen machen und es frustriert uns, weil wir keine Fortschritte erkennen können. Das sind Symptome, die zur Trauer gehören und die wir im Alltag nicht beherrschen. Daher ist es für Trauernde und deren Begleiter ganz wichtig, sich ins Bewusstsein zu holen, dass es darum geht, an einer großen Herausforderung zu wachsen – bestenfalls gemeinsam. Dies erfordert Anstrengung und die Bereitschaft, sich zu verändern. Die Bewerkstelligung ist unter dem Vorzeichen, dass dies nicht freiwillig passiert und aufgrund des Todes eines geliebten Menschen geschieht, um ein Vielfaches schwieriger als wenn wir Veränderungen durchleben, die wir als positiv bewerten und selbst wählen.
Letztendlich unterschätzen wir, wenn wir trauern, unsere Hilfsbedürftigkeit, obwohl wir gerade das Schlimmste durchleben, was uns geschehen kann. Daher benötigen wir jetzt dringend jede Hilfe, die wir erhalten können. Doch die Trauer lähmt uns und sie versetzt uns meist in eine ungewohnte Sprachlosigkeit. Darauf zu warten, dass andere auf uns zugehen und per Gedankenübertragung verstehen, was wir benötigen, kann ein fataler Fehler sein. Daher ist die Devise in diesem Zusammenhang: Unermüdlich aufeinander zuzugehen, ausprobieren, scheitern, verzeihen und andere Ideen ausprobieren. Als Unterstützung dafür sind Podcasts wie dieser, Bücher, Trauerbegleiter und Trauergruppen enorm hilfreich.
1 Pingback